Akademietagung in Mannheim, Samstag, den 2. November 2013
in Zusammenarbeit mit der Loge „Zur Sonne im rechten Winkel“
Zum Thema
Dass der moderne Mensch sich als Ich und als soziales Wesen versteht, dürfte bei allen Unterschieden in der individuellen Schwerpunktsetzung als allgemein anerkannt gelten. Doch ein ausgeglichenes Verhältnis eben zwischen dem Ich und seinem sozialen Gegenüber ist damit längst nicht gesichert, sondern muss immer wieder neu errungen werden – dies zu erkennen, bedarf es keiner Finanz-, Schulden- oder Wirtschaftskrisen.
Und wenn der Sozialphilosoph Ferdinand Tönnies am Ende des 19. Jahrhunderts die Unterscheidung zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft einführt und als das unterscheidende Kriterium zwischen beiden formuliert, ob die Einzelnen sich als Mittel zur Erreichung eines übergeordneten Zieles des Kollektivs verstehen („Gemeinschaft“) oder eben die Anderen als Mittel zur Erreichung der eigenen Ziele („Gesellschaft“), dann klingt die Unterscheidung durchaus plausibel. Aber ist es wirklich so, dass wir uns als individuelles Ich gegenüber dem Kollektiv entweder „gemeinschaftlich“ oder „gesellschaftlich“ verhalten? Schließt das Eine das Andere aus? Ist die Haltung gegenüber dem Kollektiv Ergebnis einer individuellen Entscheidung oder Ergebnis einer uns vorgegebenen kulturellen Prägung?
Wie wenig diese Fragen einfach beantwortet werden können, zeigt sich dann, wenn man sie in den Kontext konkreter Situationen stellt. Soll ein solidarisch finanziertes Gesundheitssystem jede Therapie finan-zieren, ohne Rücksichtnahme auf die entstehenden Kosten oder die Langfristigkeit ihrer Effekte? Wie weit sind Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Ordnung zu akzeptieren, wenn sie die individuellen Persönlichkeitsrechte einschränkend berühren? Welche Position soll man beziehen, wenn die Befürworter einer Share-Economy auf Vertreter einer klassischen Marktwirtschaft treffen und in Streit über die Frage geraten, ob Produkte, die sich „gemeinschaftlicher“ Produktion verdanken, eigentumsrechtlich exklusiv beansprucht und privatwirtschaftlich vermarktet werden dürfen?
Die diesjährige Tagung der Akademie forum masonicum will sich diesen Fragestellungen in Orientierung an drei konkreten Konfliktfeldern widmen, dem Gesundheits-wesen, dem öffentlichen Raum und der Wirtschaft. Wohl wissend, dass schon in diesen genannten und sehr konkreten Bereichen möglicherweise keine endgültigen Positionen möglich sind, möchte sie zumindest das Bewusstsein um die Komplexität der Fragestellungen schärfen.
Programm
10:00 Uhr
Grußwort des Stuhlmeisters der Loge „Zur Sonne im rechten Winkel“ Frank Klarner
Begrüßung durch den Vorstandsvorsitzenden der Akademie forum masonicum Dieter Ney
10:30 Uhr
Ein Rest von Ich – Die Pazifizierung des öffentlichen Raums
Vortrag von Dipl. Pol. Volker Eick (Berlin) und anschließende Diskussion
gegen 12:15 Mittagspause
14:00 Uhr
Gerechtigkeit im Gesundheitswesen – ethische Zugänge
Vortrag von Professor Dr. Dietmar Hübner (Hannover) und anschließende Diskussion
15:30 Uhr
Commons, Allmende und Share-Economy – die Wiederkehr der Gemeingüter
Vortrag von Dieter Ney (Bonn) und anschließende Diskussion
Die Referenten
Dipl. Pol. Volker Eick
ist Politikwissenschaftler und forschte zunächst im Sonderforschungsbereich 597 „Staatlichkeit im Wandel“ in Bremen, dann am John F. Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin und widmet sich aktuell an der Humbold-Universität Berlin u.a. Themen der Sicherheitspolitik.
Professor Dr. Dietmar Hübner
ist Physiker und Philosoph und lehrt an der Leibniz-Universität Hannover am Lehrstuhl für Praktische Philosophie insbesondere der Ethik der Wissenschaften. In seiner Habilitation aus dem Jahr 2007 (Bilder der Gerechtigkeit. Zur Metaphorik des Verteilens) befasste er sich mit Fragen der Verteilungsgerechtigkeit.
Dieter L. Ney, M.A.
ist Philosoph und Religionswissenschaftler. Er ist Vorsitzender des Vorstandes der Akademie forum maso-nicum e.V. und seit 2006 Herausgeber ihres Jahrbuches.